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Reform des öffentlichen Rundfunks — ein Aufruf

Von Jimmy Gerum

Viele haben die Geduld verloren mit dem öffentlichen Rundfunk (ÖRR). Viele sagen, diese verkrustete Institution muss weg, der ÖRR kann nicht reformiert werden. Vor allem aber muss der Zwangsbeitrag weg, sollen die doch machen was sie wollen, Hauptsache wir Bürger zahlen nicht auch noch dafür. Medien sollten freiwillig bezahlt werden, jeder zahlt, was er nutzt. Im Internet gibt es doch auch Unterhaltung, Sport, News und sozialen Austausch, alles umsonst! Dass im Gegenzug dabei private Daten gesammelt werden, interessiert die meisten nicht, sie meinen, sie hätten ja nichts zu verbergen. Solche Meinungen sind sehr verbreitet. Der Springer-Konzern spricht von 80% unwilligen Zahlern der Rundfunkbeiträge. Aber kann man dem trauen und was will der Springer-Konzern? Er ist natürlich nicht neutral und hat ein Interesse, einen unliebsamen Wettbewerbsnachteil gegenüber dem ÖRR zu beseitigen. Wer braucht schon die Tagesschau, wenn er die BILD-Zeitung hat.

Das eigentliche Problem geht aber weiter, über den ÖRR hinaus. Denn es gibt Fehlentwicklungen aller demokratischen und medialen Institutionen: Das parlamentarische System, der Fraktionszwang, die Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaften, der Presserat, die Landesmedienanstalten, der deutsche Journalistenverband, die EU, der UN-Sicherheitsrat, die gesamte UN. Reformbedürftig ist alles, was heute für Demokratie, Pressefreiheit und Friedensdiplomatie sorgen sollte. Die Kritikpunkte betreffen eine oft nur fassadenartige Vortäuschung von Meinungsvielfalt und Demokratie, mit einer fassadenartigen Vortäuschung von Pressefreiheit.

Die Lösung für diese Probleme wurde aber von unseren Zivilisationen bereits ausgedacht. Sie liegt in der Gewaltenteilung, in aufrichtiger Transparenz und Kontrolle politischer Institutionen. Dies ist ein theoretisches Konzept, das aber heute real ebenfalls unter einer fassadenartigen Vortäuschung leidet. Transparenz und Kontrolle müssen politisch gewollt sein, so dass die Defizite in der Gewaltenteilung regelmäßig nachjustiert werden können, so die Theorie. Die Praxis seit 1945 ist jedoch eine Weltordnung, die erfolgreich Einfluß genommen hat auf die Funktionsfähigkeit dieser Ideen und ihrer Institutionen. Sie hat seit 80 Jahren das Recht des Stärkeren mal mehr, mal weniger verborgen im Hintergrund bedient. Transparenz und Kontrolle sind der Heuchelei und der Unaufrichtigkeit gewichen. Der „Werte-Westen“ ist nur die Oberfläche dieses verkrusteten Systems, das seine von Machterhalt geprägten Interessen seit Jahrzehnten und von Jahr zu Jahr immer schamloser durchsetzt. Die Verhinderung des öffentlichen Diskurses über dieses institutionelle Versagen nannte der Philosoph Dr. Michael Andrick zuletzt in der Berliner Zeitung „imperiale Stille“. Das Schweigen über den wahren Zustand unserer Demokratie ist ebenso essentiell für den Machterhalt des Establishment, wie die Degeneration der politischen Mündigkeit der Untertanen, denen nur noch häppchenweise manipulierende Informationsfragmente verabreicht werden. Wenn wir also die funktionierende Gewaltenteilung als Lösung erkennen und wünschen, dann brauchen wir einen Plan, der mit einem ersten Dominostein beginnt.

Und hier sind wir wieder beim ÖRR. Er ist der Dominostein, der am leichtesten von aufrechten Bürgern umgestoßen werden kann. Denn alles beginnt mit dem Ende der „imperialen Stille“. Der öffentliche Diskurs über die mangelnde Meinungsvielfalt, über Konstruktionsfehler unserer Demokratie, über verschwiegene geopolitische Interessen könnte die Mündigkeit unserer Mitbürger wieder aufbauen. Und die Reichweite seiner Öffentlichkeit ist eine Frage von Macht und Deutungshoheit. Kein freies und unabhängiges kritisches Medium kann diese Stimme mit ausreichender Lautstärke erheben. Das kann nur ein milliardenschwerer Medienkonzern, der sich mutig auf die Seite der Demokratie und der Pressefreiheit stellt.

Und der einzige Medienkonzern, der diese Aufgabe sogar in seinen Medienstaatsverträgen niedergeschrieben hat, und der auch noch von unseren eigenen Milliarden finanziert wird, statt von privaten, kriegstreibenden Investoren, das ist unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Die Mühe lohnt also, diese Institution als möglichen ersten Dominostein einer funktionierenden Gewaltenteilung zur Rede zu stellen.

Und genau das werden wir am 1. Oktober vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig tun. Im Revisionsverfahren einer unserer Klägerinnen gegen die einseitige Berichterstattung soll am 1. Oktober 2025 ab 10 Uhr die Frage geklärt werden, ob der ÖRR bei seiner Aufgabe die Meinungsvielfalt zu gewährleisten, strukturell versagt. (Az: BVerwG 6 C 5.24)

Zur Unterstützung der öffentlichen Diskussion über die klaren Defizite bei der Meinungsvielfalt haben wir ein Forum konstruktiver kritischer Menschen gegründet, das uns helfen kann eine breite Aufmerksamkeit für dieses wichtige Thema zu schaffen. Viele Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, aus der Friedensarbeit und dem Journalismus erheben gemeinsam Ihre Stimme für Meinungsvielfalt und für eine gesunde europäische Friedensordnung, die sehr eng mit einer fairen Debattenkultur zusammenhängt.

Unsere Pressemitteilung dazu finden Sie hier. Besuchen Sie gemeinsam mit uns diesen wichtigen öffentlichen Prozess in Leipzig und setzen Sie ein Zeichen für die Grundlage unserer Demokratie.
Am Mittwoch, den 1. Oktober treffen wir uns alle ab 9 Uhr auf dem Simsonplatz in Leipzig vor dem Gebäude des Bundesverwaltungsgerichts.

Denn ohne Meinungsvielfalt gibt es keinen Frieden und keine bürgerliche Mitbestimmung.

Für weitere Informationen zu unserer Arbeit für die Bündelung unserer demokratischen Kräfte wenden Sie sich gerne jederzeit an mich unter 0151-5055 2062 oder info@leuchtturmARD.de


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